über 2. Korinther 6, 4a


Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus.Hosenträger

(Stilles Gebet)

Predigttext: „In allem erweisen wir uns als Diener Gottes.“ (2. Kor. 6, 4a)

Ihr Lieben, ich habe euch mal etwas mitgebracht.

Die Geschichte der Hosenträger beginnt, wie es heißt, mit Benjamin Franklin in den 1730er Jahren. Er gründete in Philadelphia eine der ersten Feuerwehren und verordnete den Feuerwehrmännern das Tragen roter Hosenträger.

Das erste Hosenträgerfachgeschäft eröffnete Albert Thurston 1820 in London.

Im Jahre 1871 legte Samuel Clemens, auch bekannt als Autor Mark Twain, ein Patent vor für „Adjustable and Detachable Straps for Garments“ und erhielt damit das erste US-amerika­nische Patent für Hosenträger.

1894 wurde der Clipverschluss erfunden, der das Tragen der Hosenträger erleichterte, aber auch weniger stilvoll machte.

Peter Behrens, Trommler der während der Neuen Deutschen Welle erfolgreichen Band „Trio“, trug immer rote Hosenträger, hatte aber vermutlich keine Beziehung nach Philadelphia.

Ob Vater Höhne Hosenträger trug, wissen wir nicht, aber vielleicht können die Hosenträger doch als Vergleich dienen für die „Diakonische Identität“.

Erst einmal wirken Hosenträger in der Regel ziemlich retro. Sie haben eine dienende Funktion. Sie sind nicht um ihrer selbst willen da. Sie halten oben und unten zusammen. Man könnte auch sagen: Sie haben immer Kontakt zur Basis. Sie sind sehr vielfältig und zugleich sehr flexibel. Es gibt sie in ganz verschiedenen Mustern und Farben. Heute trägt man sie auch wieder viel bewusster, während man sie früher eher versteckte.

Klingt eigentlich nicht schlecht, oder? Diakone als die Hosenträger der Kirche. Nun gut, jedes Bild hinkt. Selbst dieses, denn ein Bild kann weder laufen, noch hinken.

Kommen wir zu Paulus: Er schreibt an die Korinther: „In allem erweisen wir uns als Diener (griech. Diakone) Gottes.“

Das ist ein kurzer Satz, aber er hat es in sich. Drei Punkte fallen mir ins Auge.

 

Sichtweisen
(Betrachtungen zur Jahreslosung für 2023, Genesis 16,13)

 

Siehst du auch, was ich nicht sehe?Jalo 2023 Hoch c Thomas Schmutzler

Siehst du schwarz oder siehst du rot?

Siehst du durch oder hast du das Nachsehen?

Siehst du den Dingen gelassen entgegen und bist zuverSICHTlich?

Oder wirst du am Ende sagen: ich habe es kommen sehen?

Wie sieht’s aus? Hast du den Blick für die schönen Dinge?

Schaust du mal und blickst es nicht? Fährst du auf Sicht?

Sieh an, sieh an, es schaut gut für dich aus.

Sieh nicht stur geradeaus und nicht auf das, was alle sehen.

Ansehnliche Aussichten, wohin du schaust.

 

Liebe Freunde und Förderer des Diakonenhauses,

beim Blick in die Jahreslosung (im Zusammenhang betrachtet) gewinne ich die Anschauung, dass vieles sichtbar, aber weniges deutlich wahrnehmbar ist.

Abraham soll endlich mal hinschauen, wie es Sara geht. (Siehe!) Abraham ist nicht von weiser Voraussicht bestimmt, er schaut nicht so genau hin. Hagar aber sieht schnell die Möglichkeiten. (Als sie nun sah!) Sara wiederum kann sich des Eindrucks nicht erwehren, da schaue eine andere auf sie herab. Plötzlich hat sie das Nachsehen, was nicht vorhersehbar war.

Abraham sagt zu Sara: sieh nur, du hast alles in der Hand. Hagar sieht zu, dass sie so schnell wie möglich verschwinden kann.

Haben sie durchschaut, was sie taten, welche Sichtweisen sie antrieben? Vermutlich sahen sie alle das Recht auf ihrer Seite. Gefunden haben sie augenscheinlich nicht, was sie scheinbar vorausschauend anstrebten. Vielmehr wurden sie gefunden, Hagar jedenfalls gelangte zu dieser Einsicht.

Vom Engel des Herrn wurde sie gefunden. Dieser sprach: Schau, du läufst in die falsche Richtung. Du wirst gute Tage sehen, wenn du zunächst zurückschaust. Ansichtig werden wirst du der Güte Gottes, wenn du zuhörst (was man nur scheinbar als widersprüchlich betrachten kann). Im Hören wirst du sehen, dass einer den Draufblick hat.

Aber kaum ist sie des Auges ansichtig geworden, hat sie schon wieder das Nachsehen. Kaum erblickt, entschwebt der ansichtig gewordene Gott. „Hier genau, an dieser Stelle, habe ich hinter dem hergesehen, der mich angeschaut hat.“

Sieht hier noch jemand durch? Also, ich für meinen Teil sehe es so: Gott hat ein Auge auf mich geworfen. Und so wird es höchstvoraussichtlich ein ansehnliches Jahr werden. Hier und da werde ich ein paar verstohlene Blicke wagen. Wie in einen dunklen Spiegel, irgendwann aber von Angesicht zu Angesicht. Einen blickdichten Gott könnte ich nicht ertragen, aber glücklicherweise sieht es nicht danach aus. „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Gute Aussichten für 2023!

Ihr / Euer Thomas Knittel

Grafik zur Jahreslosung 2023 von Diakon Thomas Schmutzler, Königslutter am Elm

 

 

Predigt über 2. Mose 33,17

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserm Vater und dem Herrn Jesus Christus.Collage Auge HerzLasst uns in der Stille beten.

Liebe Gemeinde,

ich möchte heute über die Losung dieses Tages predigen.

„Du hast Gnade vor meinen Augen gefunden, und ich kenne dich mit Namen.“ (2. Mose 33,17)

Ihr Lieben,

„Lass uns Du sagen.“ - „Das machen wir. Ich danke Ihnen.“

Na ja, dass man den Vorsteher duzt, hat die Welt noch nicht gesehen.

Wir tun uns manchmal schwer mit dem Du. Außer bei Instagram. Aber sonst schon.

Obwohl: Manchmal ist das Du auch eine große Hilfe. „Grüß Dich, gut siehst du aus, lange nicht gesehen.“ (und hinterher: Hieß er Michael, oder Dieter, oder Gerd?)

Als ich Vikar war, legte man mir nahe, mich nicht mit meinen künftigen Gemeindegliedern zu duzen. Und dann kam ich in eine Gemeinde, wo sich faktisch alle duzten. Und so wurde mir das Du sehr bald in verschiedenen Situationen angeboten. Ich sagte: „Ach, naja, ich weiß nicht. Vielleicht bleiben wir besser beim Sie?“ Ich merkte dann, dass das beinahe unhöflich rüberkam. Nach vier Wochen habe ich gesagt: „Ach komm, lassen Sie uns Du sagen.“

Bei Instagram wiederum: da duzt man sich vielleicht recht schnell, und dann trifft man sich beim Bäcker und sagt „Sie“.

„Du hast Gnade vor meinen Augen gefunden.“ Na klar: Gott kann jeden einfach duzen. Denn er ist sowohl der Ranghöchste als auch der Älteste. Wäre wirklich komisch, wenn er Sie sagen würde.

Aber doch glaube ich, das Du, das Gott hier sagt, ist keine Formalität. Es geht nicht um Knigge, sondern Knittel. Will sagen: Das Du im Munde Gottes drückt ein Interesse an meiner Person aus. Es ist ein Ausdruck dafür, dass Gott Gemeinschaft mit mir anstrebt. Das steckt nun beileibe nicht hinter jedem Du.

Es gibt nämlich auch das Du des Egal-Seins: Du (interessierst mich im Grunde nicht wirklich). Aber dieses gibt es nicht bei Gott. Er sagt „Du“ aus ganzem Herzen. Weil er es will. Nicht, weil es sich gehört.

Ich glaube, es könnte sogar eine Theologie des Du geben. Manche haben vielleicht schon mal den Philosophen Martin Buber gelesen. Er sagt: „Jedes geeinzelte Du ist ein Durchblick zum ewigen Du.“

Ehrlich gesagt: das habe ich jetzt auch nur von Wikipedia. Ich rate daher mal, dass wir es etwas elementarer fassen, obgleich ich solche etwas verschraubten Formulierungen mag.

Was ist eine Theologie des Du? Heute für uns und insbesondere für Euch bei Eurer Einsegnung.

Predigt über Lukas 17,5-6

Treffen der Ehepartnerinnen, 12.9.2021, MoritzburgSenfkörner und Gewürze 800

5 Und die Apostel sprachen zu dem Herrn: Stärke uns den Glauben! 6 Der Herr aber sprach: Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn, würdet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Reiß dich aus und verpflanze dich ins Meer!, und er würde euch gehorsam sein.

Liebe Gemeinde,

„Glaube ich? Glaube ich nicht? - Je länger ich sinne, desto weniger weiß ich’s.“ So beginnt ein Text von Joachim Dachsel aus dem Jahr 1986. Joachim Dachsel war Dozent am Diakonenhaus in Moritzburg. In diesem Jahr jährt sich übrigens sein Geburtstag zum 100. Mal. Generationen von Diakonen hat er geprägt, gewiss auch herausgefordert. Denn er konnte Glaubensgewissheiten auf den Prüfstand stellen. Manche meinten, er wolle ihnen mit seinen kritischen Fragen und seiner Art, Theologie zu lehren, den Glauben abspenstig machen. Andere gelangten wohl auch an den Punkt, wo sie fragten, ob ihrem Glauben eigentlich noch zu trauen sei. „Glaube ich? Glaube ich nicht? – Je länger ich sinne, desto weniger weiß ich’s.“ Aber kann denn das sein, dass man nicht weiß, ob man glaubt? Hören wir Joachim Dachsel noch etwas weiter zu.

„Ach Herr, ich glaube nicht. Wenn ich glaubte, so wäre mein Leben anders. Wenn ich glaubte, so traute ich dir gänzlich: ohne Zweifel und Wanken. Glaubte ich, so wäre ich ganz erfüllt von Liebe - von der Liebe, die die Furcht austreibt. Glaubte ich, so durchflutete mich deine Kraft.

Aber wie könnte ich zweifeln, wenn ich nicht glaubte? Wie könnte ich wissen, dass ich Leben die Fülle hätte im Glauben - wie könnte ich’s wissen, wenn ich nicht glaubte? Wie könnte ich wissen, dass ich Kraft empfangen könnte von dir? - Wie könnte ich’s wissen, wenn ich nicht glaubte? Wie könnte ich vor meinem Unglauben Zuflucht nehmen zu dir, wenn ich nicht glaubte?

Herr, ich bin nicht eins mit mir selber. Ich glaube nicht. Und ich glaube doch. Immerfort muss der Glaube meinen Unglauben unter sich bringen. Herr, reiße mich zu dir aus dem Andrang meines Unglaubens. Reiße mich los von allem Stolz meines Glaubens. Hilf, dass ich nicht auf meinen Unglauben starre und nicht auf meinen Glauben. Du bist es, der errettet, nicht mein Glaube.“

Diese Worte hat Joachim Dachsel als eine Meditation zu der Bibelstelle geschrieben, die lautet: ich glaube, hilf meinem Unglauben. Sie steht im Markusevangelium. In einer Heilungsgeschichte. Ein Vater hatte Jesus um Hilfe für seinen kranken Sohn gebeten. Jesus sagte: alles ist möglich, dem der glaubt. Und sogleich schrie der Vater: Ich glaube, hilf meinem Unglauben.

Ist der Glaube also ein unzuverlässiger Gesell, von dem man nicht weiß, ob er da ist, wenn man ihn braucht? Ich kann die Bitte verstehen, die unseren heutigen Predigttext einleitet: Stärke uns den Glauben! Der Glaube soll verlässlicher, zuversichtlicher, unverbrüchlicher werden, er soll halten in Belastungsproben. Das ist verständlich.

 

 

Johannes IMG 6610 400So steht geschrieben bei Johannes im 13. Kapitel:
Christus spricht: Ein Beispiel habe ich euch gegeben, damit ihr tut, wie ich euch getan habe.

Der Herr segne an uns sein Wort. Amen.

Liebe Gemeinde,

ich erinnere mich gern an eine Tagung der Ausbildungsleiter Evangelischer Diakonen­häuser Deutschlands 1992 in Rom. Nach Rom führen ja alle Wege, aber nicht alle Tage. Insofern war die Reise schon etwas Besonderes.

Wieder zu Hause entwickelt man dann all die inneren Bilder und Eindrücke. Ganz obenauf lagen in der Rückschau allerdings nicht der Petersdom oder das Kolosseum, sondern ein Vortrag des Waldenser Theologieprofessors Paolo Ricca. Er sprach zu dem Thema „Jesus als Diakon" und formulierte Sätze, so prägnant und provokativ, dass man sie nicht vergessen konnte. Er sagte: "Wir kennen Jesus unter vielen Gesichtspunkten: als Herrn, als Erlöser, als Retter, als Propheten, als Wundertäter, als Offenbarer, ... als wahrer Gott, als wahrer Mensch, als Weltrichter und so weiter. Nur, als Diakon kennen wir ihn nicht!" Und doch sei "Diakon" für Jesus nicht eine Bezeichnung unter anderen gewesen, sondern der "Hoheitstitel", den er am meisten geliebt habe.

Aber – so fuhr Ricca fort – „tatsächlich rufe die Kirche Jesus nie als Diakon an! Das sei kaum zufällig. Jesus, der Diakon, sei vergessen worden, weil er verdrängt worden sei. Und er wurde verdrängt, weil die Kirche nicht Diakonin sein wollte. Sie war bereit, Diakonie zu betreiben und hat es getan. Und zwar mit Ernst, Liebe und großem Einsatz. Aber sich als Leib eines Diakons zu verstehen, das vermochte sie nicht."

Ja, Diakonie betreiben mit Ernst, Liebe und großem Einsatz – das tat die Kirche von Anfang an. Das bestätigte ihr sogar der heidnische Schriftsteller Lucian von Samosata, als er im 2. Jh. über die Christen schrieb: "Ihr Meister hat ihnen befohlen sich zu lieben – und sie tun es auch!" Was als Spott gemeint war, gerät hier zum größten Lob für die junge Christenheit. Denn sie war darin dem Beispiel Christi gefolgt. Für Martin Luther habe Christus mit der Fußwaschung seinen Anhängern ja nichts anderes als das Gebot der Liebe gegeben. Keine Gesetze oder viele Bücher – allein das Gebot, seinen Nächsten in Liebe zu dienen.
Was Lucian also verspottete, war gewissermaßen die Fußwaschung der frühen Kirche an der damaligen Gesellschaft. Denn in einer anderen damaligen Quelle wird berichtet: „Die Witwen missachten sie nicht. Die Waisen befreien sie von dem, der sie misshandelt. Wer hat, gibt neidlos dem, der nicht hat. Wenn sie einen Fremdling erblicken, führen sie ihn unter ihr Dach und freuen sich über ihn wie über einen leiblichen Bruder.“
Die Segensspuren solcher Diakonie ziehen sich durch die gesamte Kirchgeschichte bis hin auch zu unserer Moritzburger Diakonengemeinschaft. Diakonie betreiben mit Ernst, Liebe und großem Einsatz ist wahrlich viel wert.

Die Provokation von Paolo Riccas Referat aber war die Erkenntnis, dass Kirche nicht nur Diakonie treiben, sondern Diakonin sein soll, so wie Christus in allem Diakon gewesen sei. Diakonie also nicht als Arbeitszweig unter anderem, sondern als Daseinsform. Als Diakon predigte Christus, als Diakon heilte er, als Diakon führte er Gespräche – und als Diakon beschritt er den Kreuzesweg. In all dem sei Christus Diakon gewesen. Man könne ja mit allem sogar herrschen, fügte Paolo Ricca hinzu, sogar mit der Liebe!
Mit allem auch herrschen? Sogar mit der Liebe? Alle horchten auf – auch ich. Plötzlich ging es nicht nur um Handlungen, sondern um Haltungen und Motive! In der Tat: Ich kann in all meinem Tun und Reden auch ganz bei mir sein, bei dem guten Gefühl, gebraucht oder anerkannt zu werden. Vielleicht nicht ganz so selbstbezogen wie König Lear, der zu seinen Töchtern spricht: „Alles habe ich euch gegeben, alles seid ihr mir schuldig“. Und vielleicht auch nicht so krass wie die alten Germanen, die in ihrer Sprache nicht einmal ein Wort für „dienen“ oder „Demut“ hatten, die sprachlich zusammengehö­ren, – so sehr grenzten sie diese Gesinnung für sich aus.

Wie sollen wir also dem Beispiel Christi folgen mit unseren so zwiespältigen Motiven und gar nicht so eindeutigen Haltungen?

 

Lukas IMG 6609 400Liebe Gemeinde, in Nah und noch näher hier in der Kirche,

da gibt es so einen mittelmäßig guten Witz, in dem ein bibeltreuer Mensch Wegweisung fürs Leben sucht.
Er bittet Gott, dass der ihn konkret anspricht durch ein Bibelwort.
Dann schlägt er mit geschlossenen Augen die Bibel auf, ziemlich am Anfang, und liest bei Mose: Nimm deinen einzigen Sohn und opfere ihn auf einem Berg.
Weil er aber auf dem flachen Land lebt, denkt er, das kann nicht die richtige Botschaft sein, schlägt die Bibel nochmal auf, sein Finger liegt bei Matthäus 27, und dort steht über Judas: Und er erhängte sich.
Auch das kommt ihm komisch vor, Gott ist ja ein lieber Gott und aller guten Dinge sind Drei.
Darum schlägt er nochmal nach und liest:  Nun gehe hin und tue desgleichen.

Wir sehen, das willkürliche Herauspuzzlen biblischer Botschaften kann uns an Grenzen bringen, auch an die unserer Existenz. Und doch wird im großen Befund biblischer Bilder eine Haltung deutlich, die Glaubende entwickeln können – Diakone und Diakoninnen umso mehr.

Die Sache mit dem Barmherzigen Samariter ist so ein Klassiker zur Begründung diakonischen Denkens.

Lukas, der diakonische unter den Evangelisten, wie Thomas Knittel am Philippus-Institut gern lehrt, zeigt dabei besonders die Verbindung aus Herz – Haltung – Handlung auf. Lukas hat gern die im Blick, auf die die anderen sonst nicht so schauen, und holt sie vom Rand mitten in die Mitte.

In der Geschichte heute finde ich vier diakonische Grundhaltungen: 

1. Es war ein Mensch. Es geht um den Menschen.

Da ist einer, der braucht Hilfe und ist schon halb tot. Und da sind fromme Leute, die wissen müssten, was zu tun ist und was sich um Gottes Willen gehört.  Doch die tun nichts und gehen un-erhört weiter. 

Und ich frage: Bin ich’s, Herr?

Abgesehen von einer sozial erwünschten Antwort kann ich mir da gar nicht so sicher sein, dass ich es nicht bin

  • Wie oft habe ich es eilig und ach so viel zu tun, der Kalender ist voll und ich bin spät dran, da möge mir nichts in die Quere kommen und schon gar keiner, der offensichtlich Zeit braucht, Geld und Energie.
  • Vielleicht haben der Priester, der Levit oder ich auch ein gutes Hemd an –

und wer will schon seine weiße Weste mit Blut beschmieren oder mit Dreck, dann guckt man schnell weg und wäscht seine Hände in Unschuld nach Pilati Entwurf.

Doch dann hält doch jemand an – ein Fremder, den keiner leiden kann. Ein Nichtchrist vielleicht, ein Nichtdiakon, einer, der nicht in meine Sozialblase passt. Ausgerechnet dem tut der Leidende leid, es barmt ihm das Herz – und er tut barmherzig das, was in Gottes Namen zu tun ist.
Jesus hat hier in seiner Geschichte klar den Menschen im Blick und nicht ein Dogma.
Ganz diakonisch.

 

 

Markus IMG 6606 400Liebe Einsegnungsgemeinde und v. a. Sie, liebe Schwestern und Brüder, die Sie heute berufen und eingesegnet werden in das Amt als Diakonin und Diakon – und in die Gemeinschaft!

Ich freue mich und bin dankbar, dass Sie heute hier sind – und diesen Berufungsweg gewählt haben. Mit Ihnen gestalten wir lebendig Zukunft in unserer diakonischen Kirche in der Welt. Und Sie sind Teil der Gemeinschaft Moritzburger Diakon_innen, die Ihnen Raum gibt, sich für Ihren Beruf zu vergewissern.
Sie haben sich entschieden und sagen JA, in die Nachfolge Jesu zu gehen. Und dafür empfangen Sie heute den Segen Gottes für Ihren Dienst.

Mit der Predigt soll ein Thema des Berufs bedacht werden und Mut und Zuspruch geben. Der Predigttext heute fordert heraus, sich gleich klar für eine Haltung zu entscheiden, wie der Dienst als Diakon_in gelingt in Gemeinde, Gemeinschaft, Kirche und Welt. Und die Haltung gilt für alle „Hierarchie-Ebenen“, in der wir mit anderen arbeiten, egal in welchem Beruf oder Ehrenamt.

Um verantwortlich Handeln geht es. Der Text nimmt die zentrale Frage des Dienstes als „Diakonos“ auf: das verantwortliche Dienen. Gerne möchten wir so unseren Beruf ausüben. Und gleichzeitig ist es immer wieder eine Herausforderung. Wenn ich einer Sache richtig gut gedient habe, dann war es meist erlebbar stimmig/richtig; egal ob genau das rausgekommen ist, was ich mir vorgestellt habe.

Gerade in den ersten Jahren des Berufes wissen Sie ganz sicher, dass Sie dienen möchten, und haben viele gute Ideen, was Sie tun können! Ich wünsche Ihnen viel Freude und Glück dafür. Und dass der Heilige Geist sie immer wieder mit Feuer durchdringt zu neuen Schritten in Ihrem Dienst.

Der Text gibt eine Anregung dafür, wie das miteinander geht. Und welche Haltung dafür gebraucht wird. Das fordert heraus!

Schauen wir mit Markus auf Jesu Worte: Mk 10, 42-45: Jesus rief die Jünger zu sich und sprach zu ihnen:

Ihr wisst, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an. Aber so ist es unter euch nicht; sondern wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein. Und wer unter euch der Erste sein will, der soll aller Knecht sein. (Mk 10,43b - Schwerpunkt der Auslegung)
Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele.

Um was geht es hier? Welches Verständnis möchte Markus erwirken? Der Hintergrund: Die Mächtigen sind die Römer. Sie herrschen im Land und ermöglichen den Menschen keine guten und einfachen Lebensbedingungen. Die Menschen auf dem Land sind arm, haben wenig fruchtbares Land und Rechte. Diese Herrschaft macht ohnmächtig und wird gewaltsam durchgesetzt. Das ist ungerecht.
Mit Jesus haben die Menschen eine andere Erfahrung gemacht. Er handelt anders, auch machtvoll für das Leben und das Miteinander, und bewirkt Veränderung in den Menschen. Die Gleichnisse Jesu geben Anregung und Identifikation für Denken und Handeln – für eine verantwortliche Haltung. Auch die Mächtigen müssen sich damit auseinandersetzen und sind angefragt.
Das macht den Menschen im Volk Mut! Die Bewegung um ihn ist groß geworden. Sie hoffen auf Jesus als den Befreier aus dieser Herrschaft.
Aber Jesus weiß, dass ihn der Tod erwarten wird. Er macht sich trotzdem auf nach Jerusalem und hofft, dass sein Wirken Funken und Samen in die Menschen gelegt hat. Er vertraut, dass seine Botschaft über den Kreuzestod weiterträgt.

 

 

Matthäus IMG 6605 400Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater und dem Herrn Jesus Christus. Ame Lasst uns in der Stille um den Segen der Predigt bitten.

Der Predigttext ist ein Satz aus dem Matthäusevangelium im 23. Kapitel: Einer ist euer Meister; ihr aber seid alle Brüder.

Liebe Schwestern und Brüder,

der Predigttext muss Ihnen vertraut sein. Einer ist euer Meister; ihr aber seid alle Brüder. Wenn Sie ins Brüderhaus kommen, steht er links oben im Eingangsbereich auf einer Holztafel. Genauer muss ich sagen, er steht nicht im Vater-Höhne-Haus, auch nicht im Rektor-Schumann-Haus. Er steht im Rektor-Rühle-Haus. Einer ist euer Meister; ihr aber seid alle Brüder.

Ich stelle mir nun einen stillen Beobachter vor, der das Gehabe seinerzeit im Brüderhaus ein paar Tage beobachtet hätte, um sich einen Eindruck davon zu verschaffen, wer denn hier nun der eine, der Meister ist. Er hätte ganz schnell gewusst, wer der Meister ist, nämlich der Herr Rektor. Der Herr Rektor war ganz eindeutig herausgehoben aus dem Kreis der Brüder. Er war eben ein höheres Wesen. Das zeigt sich schon daran, dass einer aus dem brüderlichen „Du“ ausgenommen war. Er war eben der Herr Rektor.


Zu Beginn meines Dienstes in Moritzburg meinte ich ja, das sei noch ein alter Zopf, wie die Tatsache, dass wir eine Brüderschaft bildeten. Nein, im Kreise der Brüderhausvorsteher­konferenz erfuhr ich dann, dass das fast überall so war. Der Herr Rektor oder der Herr Vorsteher oder der Herr Direktor, klar, alles Männer, waren mit der Anrede „Sie“ in ihrer Brüderschaft unterwegs.

Das erlebte ich gleich am Anfang meines Dienstes ganz hautnah. Ich war damals 39 Jah­re alt, noch recht jung für einen „Herren Rektor“. Ich besuchte den Bruder Tümpel in Lößnitz zu seinem 75. Geburtstag, spielte ihm auf der Trompete ein Lied und fand Einlass. Ich überreichte meine Blumen und dann entspann sich ein köstliches Gespräch. Er redete mich klar mit Du an und so erwiderte ich auch in der Du-Form. Dann sah er mich an und fragte: „Wer bist Du denn dann in Moritzburg?“ Ich antwortete in aller Gelassenheit: „Der Vorsteher, der Rektor!“ Da sprang Bruder Tümpel auf, nahm militärische Haltung an und erklärte: „Da muss ich ja „Sie“ zu Dir sagen!“ Wir lachten beide und setzten nun das Ge­spräch natürlich in der Du-Form fort, wenn wir auf diesem Weg zueinander schon einmal so weit vorangeschritten waren. Ich merke es manchmal jetzt noch, wenn ich als Nicht­mehr-Vorsteher, als Alt-Vorsteher meinen Brüdern und Schwestern begegne. Manchen fällt es schwer, mich in den Kreis derer aufzunehmen, die das brüderliche Du untereinan­der gebrauchen, nun das geschwisterliche Du.


 

Predigt beim Livestream-Gottesdienst anstelle des TdE 2020c Richter Gemeinde 600
über Psalm 103,2
am Sonntag, dem 13.9.2020, in der Kirche Moritzburg

von Thomas Knittel

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus.

Ihr Lieben! „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“ Über diesen Satz aus den biblischen Psalmen möchte ich heute mit Euch nachdenken. Gott gebe uns ein offenes Herz für sein Wort.

Es klingt jetzt vermutlich komisch, aber ich habe zu Beginn dieses Jahres begonnen, meine Lebenserinnerungen aufzuschreiben.

Anlässe gab es dafür verschiedene, ein wesentlicher war ein Besuch in Herrnhut. In der Herrnhuter Brüdergemeine gibt es eine besondere Ordnung, die noch aus den Zeiten der Gründung der Gemeinde stammt. Fast dreihundert Jahre ist das her. Jedes Gemeindeglied soll bis spätestens zum 50. Geburtstag einen geistlichen Lebenslauf verfassen. Darin soll der eigene bisherige Lebensweg als ein Weg mit Gott reflektiert werden. Wenn dieses Gemeindeglied dann stirbt, wird der von ihm verfasste Lebenslauf bei der Beerdigung vorgelesen.

Mir hat dieser Gedanke gefallen, dass man nicht nur die Daten des Lebens auflistet: geboren, eingeschult, ausgebildet, beruflich tätig als … sondern, dass man versucht, dahinter zu schauen, dieses Leben zu verstehen. Wie kam das eigentlich, was meine Geschichte geprägt hat? Welche Rolle hat Gott darin gespielt, ohne, dass mir das im Moment des Erlebens immer bewusst war? Interessanterweise war ich zu diesem Zeitpunkt auch gerade am Beginn der 50er und dachte also: jetzt wird es Zeit.

Und so fing ich mit dem Schreiben an, einzelne Kapitel zu verschiedenen Themen, auf Fortsetzung angelegt. Ich habe mich zum Beispiel an meine Konfirmation erinnert, an meinen Vater oder an die Zeit, als ich Gitarre spielen lernte. Ich habe mir auch die Losung meines Geburtstages angeschaut und gestaunt, wie gut dieser Bibelvers zu meinem Leben passt. Das hatte ich noch gar nicht gesehen.

 

Gedanken zum Lehrtext in den Herrnhuter Losungen für Freitag, den 3. April 2020

„Wandelt als Kinder des Lichts; die Frucht des Lichts ist lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit.“ (Epheser 5,8-9)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

besondere Zeiten fordern uns zu einem besonderen Handeln heraus. Eigentlich hätte ich heute die Andacht im Bachhaus und im Seniorenzentrum gehalten. Aufgrund der aktuellen Corona-Krise ist das leider nicht möglich.

Trotzdem soll die Andacht nicht einfach ausfallen. Vielmehr stelle ich sie hiermit in anderer Form zur Verfügung.

Licht. Wie wichtig das Licht ist, habe ich erst letztens wieder sehr deutlich bemerkt. Ich hatte ein paar Tage Urlaub. Verreisen war nicht möglich. Im Fernsehen wurde mir gesagt: Das Beste ist, du bleibst zu Hause. Und so dachte ich, es wäre mal wieder an der Zeit, ein Puzzle in Angriff zu nehmen. 1000 Teile. Puzzle 400Das war sicher etwas kühn, denn ich muss zugeben, ich habe mehr als eine Woche (deutlich über die Urlaubszeit hinaus) gebraucht, um das Puzzle fertigzustellen.

Und das, obwohl ich über Tage hin beinahe Tag und Nacht daran gearbeitet habe. Das Puzzle, welches übrigens eine Alpenlandschaft abbildet, erwies sich dadurch als sehr schwierig, dass die einzelnen Teile sich immer wieder verdächtig ähnlich sahen. Auch von ihrer Form her waren sie oft nicht eindeutig, so dass ich immer wieder unsicher sein musste, ob ich das richtige Teil an der richtigen Stelle eingepasst hat. Dazu kamen auch noch die Lichtverhältnisse, die das Vorankommen manches Mal erschwerten. Es gab Zeiten, da habe ich gefühlte zehn oder fünfzehn Minuten nach einem bestimmten Teil gesucht. Manchmal habe ich den Tisch, auf dem meine Puzzleteile ausgebreitet waren, näher ans Fenster gerückt. Aber schon hatte die Sonne sich weiter bewegt oder sie war schließlich untergegangen.

Man müsste einfach mehr Licht zur Verfügung haben, dann würde es vielleicht schneller gehen. Wie oft habe ich diesen Gedanken in mir bewegt. Hinzu kam mein schlechtes Gewissen, denn meine Frau hatte ihr Puzzle, das sie parallel zu mir „bearbeitet“ hatte, längst fertig. Und nun wollte sie mir natürlich helfen, was aber mit meiner Abneigung gegen Mitwirkende beim Puzzlen kollidierte. Zusammengefasst: eine ziemlich angespannte Situation, obwohl es eigentlich Urlaub sein sollte.


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!“ 2. Korinther 13,13

Am Ende des Jahres richten wir noch einmal den Blick auf Gott in seiner Dreieinigkeit. Aus ihm nahm das Jahr 2019 seinen Ursprung und zu ihm führt es uns hin. Und so wie Jesus und der Vater und der Geist eine Einheit bilden, so gehören auch die Gnade und die Liebe und die Gemeinschaft zueinander. Alle drei entspringen aus Gott selbst, auch wenn sie sozusagen an unterschiedlichen Stellen aus ihm heraustreten.

Die Liebe steht dafür, dass mein Leben von meinem Schöpfer her gewollt und anerkannt ist. Die Gnade steht dafür, dass Jesus mir beisteht, wenn ich nichts mehr zu beanspruchen habe. Die Gemeinschaft steht dafür, dass der Geist ein großer Netzwerker ist, dass er Menschen und Dinge permanent in Beziehung zueinander setzt.

Wenn wir in diesem Jahr über Gemeinschaft nachgedacht haben, so möge am Ende der Wunsch stehen, dass diese nicht ohne Liebe und Gnade bleiben möge. (Thomas Knittel)WIN 20181210 18 17 24 Pro

 

 

 

„Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander, und das Blut Jesu, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde.“  1. Johannes 1,7

Laubeinsatz

In manchem sind die Sachsen eigen, wie man weiß. Zum Beispiel sind sie derzeit die Einzigen, die den Buß- und Bettag als Feiertag haben. Aber das liegt vermutlich nicht an ihrer besonderen Frömmigkeit oder Bußfertigkeit. Vielleicht ist es eher einer der Zufälle, aus denen Geschichte eben auch besteht. Vielleicht ist der Bedarf an Buße auch hierzulande besonders groß, man weiß es nicht.
Auf jeden Fall werden die Chancen der Buße nicht selten verkannt. Man will ja nicht das Gesicht verlieren oder das eigene Scheitern eingestehen. Aber im Grunde ist es doch wohltuend, endlich mal wieder aufzuräumen. Es geht dabei gar nicht so sehr um moralische Fehler. Sünde ist im Kern die Verweigerung von Gemeinschaft, das Sich-Abkapseln, Vertrauen aufkündigen, auch das Verkennen der eigenen Grenzen. Die Sünde verfinstert das Leben. Darum tut das Licht gut, wenn ich es zulasse. Die Buße stärkt die Gemeinschaft und ermöglicht Versöhnung und Neuaufbruch. Sie ist heilsam und wohltuend. Sie ist kein Handelsgeschäft, wie Martin Luther zurecht betonte. Sie ist eine Haltung fröhlicher Ehrlichkeit, wo auch die eine oder andere Träne gewiss dazugehört. (Thomas Knittel)